Lambda auf den Spuren queerer Geschichte, Teil 4

Nach der Teilung Deutschlands bestand in der DDR der §175 StGB zunächst weiter. Die Zahl der Verurteilten war in der DDR jedoch sehr gering, da nur als gesellschaftsgefährlich im Sinne der DDR betrachtete Taten strafrechtlich verfolgt wurden. Über die genaue Anzahl Verurteilungen in der DDR gibt es unterschiedliche Aussagen- die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld jedoch berichtet von circa 4300 Verurteilten.  

Als offen im heutigen Sinne kann weder die DDR noch die BRD gesehen werden, in beiden Staaten war ein Outing nicht möglich, ohne zu riskieren gesellschaftlichen Rückhalt zu verlieren.  

In der BRD litten queere Menschen neben dem fortbestehenden §175 StGB vor allem auch an den Moralvorstellungen der fünfziger Jahre. Außereheliche Beziehungen jeder Art waren verpönt und manche sogar strafbar. Der §175 wurde somit bis zum Ende der sechziger Jahre konsequent durchgesetzt. Dabei mussten Verurteilte nicht nur unter dem Strafmaß an sich leiden, sondern auch unter dem schweren sozialen Stigma einer solchen Verurteilung. Die Zahl der Verurteilungen war hoch, allein in der ersten 15 Jahren der BRD liegt die Zahl bei fast 45000. Im Übrigen wurden die „rosa Listen“ der NS-Zeit bis in die achtziger Jahre in der BRD fortgeführt. Das  Bundesverfassungsgericht urteilte noch 1957, es handle sich bei dem Gesetz nicht um „nationalistisches Unrecht“, Verstöße nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot und nicht gegen das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.  

Erst die sexuelle Revolution in den sechziger Jahren konnte die Situation verbessern. Die Strafbarkeit homosexueller Handlungen unter Erwachsenen wurden in der DDR 1968 und in der BRD 1969 aufgehoben, der §175 StGB bestand jedoch weiter, dies sollte dem „Jugendschutz“ dienen. So galt sowohl in der DDR als auch in der BRD ein unterschiedliches Schutzalter für homo- oder heterosexuelle Handlungen.  

In den siebziger Jahren mussten queere Menschen zwar keine Strafverfolgung mehr fürchten, waren jedoch immer noch eine gesellschaftliche Randgruppe. Ein offenes Zusammenleben und öffentlich gezeigte queere Kultur war weiterhin nicht möglich. Jedoch begannen sich junge queere, vor allem homosexuelle Männer an Universitäten, langsam zu organisieren.  

Das Aufkommen der durch das HI-Virus ausgelösten Krankheit AIDS führte dazu, dass sich schwule Männer weiter organisieren mussten. Selbsthilfegruppen und Aktivisten begannen auch immer öffentlicher für ihre Rechte einzustehen. Das Virus spaltete so die Gesellschaft. Auf der einen Seite wurden Homosexuelle weiter pathologisiert und an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Auf der anderen Seite führte das kollektive Trauma AIDS zu viel Solidarität innerhalb der Community.  

Seitdem konnte die Bewegung viele Erfolge aufweisen. In Dänemark wurde 1989 als erstem Land die registrierte Partnerschaft eingeführt. 1990 wurden das Jugendnetzwerk Lambda und der LSVD in der DDR gegründet. Die eingetragene Lebenspartnerschaft wurde 2001 nach langer Diskussion in Deutschland anerkannt. Seitdem wurden eingetragene Lebenspartnerschaften immer weiter der Ehe angeglichen, bis es endlich 2017 so weit war und die „Ehe für alle“ beschossen wurde. Das veraltete Transsexuellengesetz TSG ist Teil einer öffentlichen Debatte, ebenso sind es Operationen an Inter* Säuglingen und die gesellschaftliche Stellung von nicht-binären Personen. Themen wie Intersektionalität, Post-Koloniales Europa und Feminismus rutschen immer weiter in die Mitte der Gesellschaft. 

Quellen/weiterführende Informationen: 
LSBTTIQ in Baden und Württemberg
LSVD
LSBTTIQ-Geschichtsaufarbeitung-BW Flyer 2018.pdf